Wie beeinflusst der Winkel zwischen Lautsprecher und schalldurchlässiger Leinwand die Bündelung

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    • Wie beeinflusst der Winkel zwischen Lautsprecher und schalldurchlässiger Leinwand die Bündelung

      Liebes Beisammen und hier besonders die Experten unter euch,

      die Titelfrage wird gerade in diesem Bauthread aufgeworfen. Bitte hier um weitere Diskussion.

      Vorausgesetzt zwischen Leinwand und Frontwand ist genug Abstand, so hat man den Abstand und 2 Winkel als Freiheitsgrade für die Aufstellung. Wie sollte nun die Box positioniert werden, um möglichst geringe hörbare Beeinträchtigung zu erhalten? Insbesondere solche, die nicht per Equalizer ausgeglichen werden können.

      Danke
      rumpeli

      Serena schrieb:

      ob ich eine gerade oder eine gebogene Leinwand aufbaue, da die Lautsprecher ja wenn möglich senkrecht auf die Leinwand zeigen sollten.


      Hast du dafür eine belastbare Quelle?

      Durch Reflektion zwischen Lein- und Schallwand kann isch je nach Lautsprecher-Leinwandabstand ein Kammfiltereffekt einstellen. Keine Ahnung ob das hörbar ist. Einwinkeln würde die Hörbarkeit evtl. mindern. Besser wäre es aber, die Schallwand absorbierend und die Leinwand transparent zu gestalten.

      Last Action Hero schrieb:

      rumpeli schrieb:

      Zitat von »Serena« ob ich eine gerade oder eine gebogene Leinwand aufbaue, da die Lautsprecher ja wenn möglich senkrecht auf die Leinwand zeigen sollten.


      Hast du dafür eine belastbare Quelle?

      Ich hätte z.B. eine:

      Frontsysteme müssen die speziellen akustischen Gegebenheiten hinter der perforierten, akustisch
      durchlässigen Leinwand berücksichtigen. Dabei handelt es sich um die zwangsläufig entstehenden
      Schallreflexionen und Absorption durch die Bildwand sowie die Forderung nach einer
      gleichmäßigen Versorgung aller Plätze in bester Tonqualität. Sowohl die Schallreflexion hinter der
      Bildwand als auch die Schallabsorption durch die Bildwand selbst sind sehr komplex und je nach
      Winkel unterschiedlich
      . So variiert das akustische Ergebnis direkt vor dem Lautsprecher (0° Achse)
      im Vergleich zu 20°, 30° oder 40° seitlich 0° Achse (Off‐Axis).

      aus JBL FAQs Kinobeschallung

      Gruß
      Reinhard

      Last Action Hero schrieb:


      Serena schrieb:

      Hallo,


      puah, rumpeli, die Erklärung wird jetzt länger.

      Vielleicht erst einmal zum einfach Thema, den schallharten und absorbierenden Flächen. Die meisten Flächen bleiben eigentlich schallhart, den abgehängten Anteil der Decke fülle ich ja im Grunde nur und beim Pfeil ist ein 60cm breiter Schlitz in der Decke.

      Im Querschnitt sieht das mit den schallharten Flächen so aus:

      Blau gekennzeichnet sind hier die schallharten Flächen. Die einzigen wirklich absorbierenden Flächen werden also etwa 75% der Frontwand und die gesamte Rückwand, wobei ich im Bereich zwischen den Back-Surrounds vermutlich einen Diffusor aufbauen werde. Der Boden wird zu etwa 50% mit Parkett belegt sein.
      Die abgehängten Absorber unter dem Giebelbereich können dabei ja auch noch unterschiedlich ausgeführt werden. Also z.B. schallhart für hohe Frequenzen und absorbierend bei tiefen.



      Hmm, nun zum komplizierteren Thema.

      Das von Last Action Hero erwähnte Dokument (danke übrigens :) ) enthält leider nur indirekt einen Bezug auf den Winkel zwischen Lautsprecher und Leinwand. Wenn ich das richtig verstehe, hat JBL in Ihrem System ein Kompensation für den Verlust bei schrägem Durchtritt durch die Leinwand. Um darüber eine gesicherte Aussage treffen zu können, müsste man mehr Daten haben, unter anderem auch dazu, wie weit von der Leinwand die Boxen wegstehen (sollen) und welchen Abstrahlwinkel diese haben.


      Wirklich gesicherte Dokumente, kann ich leider keine vorweisen, nur ein PDF von Seymour Screens, welche eine solche winkelabhängige Untersuchung im Rahmen ihres „Center Stage” Materials durchführten.
      Hier der Link: seymourav.com/articles/CenterStageSpeakerAngleTests.pdf
      Ich persönlich halte das Dokument zwar für interessant, aber für nicht sehr aussagekräftig. Zwar sieht man deutlich eine Abweichung von >6dB beim perforierten Material, aber der Test hat meines Erachtens einen sehr deutlichen Mangel: Die Mikrofonposition wurde nicht verändert und ist extrem nah an der Leinwand. Wenn ich den Versuchsaufbau richtig verstehe, ist aber noch nicht mal der Abstand zwischen Mikrofon und Leinwand gleich geblieben, sondern nur der Abstand zum Lautsprecher. Der Haupteffekt dürfte gar nicht auf der Mittelachse zum Lautsprecher auftreten, sondern seitlich davon. Interessant wäre jetzt gewesen, in welchem Ausmaß sich das verändert abhängig vom Winkel.
      Die allgemeine Empfehlung, die Lautsprecher nicht in einem Winkel von mehr als 20° aufzustellen, wird aber schon durch dieses Dokument bestätigt. Bei praktisch allen angegebenen Kurven ist der Unterschied zwischen 0° und 20° zumindest auf der Mittelachse zu vernachlässigen.


      Ich hatte mal ein wissentschaftliches PDF zum Thema, das sich zwar nicht mit Leinwändern, aber mit gelochtem Material an sich befasste, was ja im Grunde das selbe ist, aber finde es leider nicht mehr.


      Für die Erklärung des grundsätzlichen Problems beim schrägen Durchlauf durch die Leinwand ist das aber auch gar nicht notwendig, weil es sich einfach durch die Physik erklären lässt.


      Der erste eher geometrische Aspekt ist das Öffnungsverhältnis der Leinwand. Da das Material an sich nunmal eine gewisse Materialstärke haben muss, wird dieses Öffnungsverhältnis ungünstiger bei nicht-senkrechter Ausrichtung der Lautsprecher:

      Das wäre jetzt die Grafik für ein perforiertes Tuch, da dieses an den Löchern scharfe Kanten hat. (Der 45° Winkel ist natürlich total übertrieben)
      Bei einer gewobenen Leinwand fällt die Veränderung deutlich geringer aus, da Fäden ja nicht eckig, sondern rund sind. Das ist dann auch einer der Gründe, warum bei einer Leinwand aus gewobenem Tuch die Lautsprecher näher stehen können als bei einer perforierten. Natürlich immer abhängig von der Materialdicke.

      In der unteren Hälfte wollte ich nur zeigen, wie sich in meiner Situation der Winkel durch den Aufbau einer gebogenden Leinwand mit r=10m bei auf den Sitzabstand ausgerichteten Lautsprecher reduzieren würde.


      Jetzt ist aber nunmal so, dass der Schall eigentlich gar nicht durch die Leinwand durchtritt. Bei keiner akustisch „transparenten” Leinwand handelt es sich um Transparenz im eigentlichen Sinne. Das ginge nur mit einem sehr dünnen Material, welches sich praktisch wie Luft verhält. In Wirklichkeit entsteht aufgrund der Wellennatur des Schalls an jedem Loch der Leinwand eine Kugelwelle als Halbraumstrahler, was damit unweigerlich zu Interferenzen führt (vgl. Doppelspaltversuch mit Laser).

      Nimmt man z.B. ein Tuch, welches einen Lochabstand von 4mm bei einer Lochgröße von 0,2mm aufweist, erhält man für 10kHz folgendes Muster:

      Bei 10kHz wäre das ein gerade ebenso noch akzeptables Verhalten mit Amplitudenminima bei +/-25° von der Mittelachse des Lautsprechers.

      Das ganze sieht bei identischem Lochabstand mit 20kHz aber schon so aus:

      Akzeptabel ist etwas anderes. Das gleiche Ergebnis würde man erhalten, wenn man den Lochabstand auf 8mm erhöht und bei 10kHz misst.

      Bei 5kHz / 4mm oder bei 10kHz / 2mm sieht das jedoch schon etwas besser aus:

      Das wäre in etwa der Bereich in dem aktuelle Leinwände liegen dürften. Bei +/-50° liegen die Minima bei 10kHz, was dann abfällt bis +/-25° bei 20kHz.

      Obige Graphen setzen einen Lautsprecherabstand voraus, bei dem der Schall praktisch parallel und nicht mehr als Kugelwelle auf die Leinwand auftrifft.

      Der Grund, warum akustisch transparente Leinwände bei weitem nicht so beschissen (sorry) klingen, wie obige Graphen vermuten lassen würden, liegt an mehreren Gründen. Zum Teil tatsächlich an Imperfektionen im Material, der Materialstärke, der Tatsache, dass die reflektierten Wellen wiederum eine Diffraktion auslösen und es zumindest ein gewisser Teil davon doch irgendwann durch die Leinwand schafft und nicht zuletzt auch daran, dass die Luft eigentlich nicht perfekt akustisch transparent ist, sondern zu Diffusion des Schalls beiträgt.


      Das war jetzt aber nur die senkrechte Ausrichtung auf die Leinwand. Bei schräger Ausrichtung passiert folgendes:

      Nicht maßstabsgerecht! Eine Leinwand mit diesem Verhältnis zwischen Lochabstand und Wellenlänge würde sich keiner freiwillig in die Wohnung hängen.

      Auf der linken Seite sieht man die Ausbildung der Kugelwellen bei senkrechtem Auftreffen der Schallwellen (wieder Abstand -> unendlich). Alle Kugelwellen entstehen gleichzeitig. Verbindet man die Maxima (rot) und Minima (blau), so erhält man parallele Linien über den gesamten vom Schall getroffenen Bereich der Leinwand. Direkt am Rand findet nur die Ausbreitung als Kugelwelle statt.

      Schickt man das Signal aber nun schräg durch die Leinwand, so entstehen die Kugelwellen zeitlich versetzt, liegen danach in der Mittelachse jedoch wieder gleichauf. Verbindet man nun die Maxima und Minima der zueinander gehörigen Schallereignisse, so erhält man auseinanderlaufende Linien, die zu größeren Winkeln von der Mittelachse dann auch noch mit den später am Lautsprecher entstandenen Schallanteilen interagieren. Dieser Effekt tritt umso stärker auf, je höher die Frequenz ist und je größer der Winkel ist.
      In Wirklichkeit würden die eingezeichneten Linien natürlich nicht so weit auseinanderlaufen, da die Löcher in obigem Bild einen Abstand von mehreren Zentimetern hätten.

      Im mittleren und tiefen Frequenzbereich sind alle diese Effekte zu vernachlässigen, da es aufgrund der größeren Wellenlänge zu keinen nennenswerten Interferenzen mehr kommt und die Leinwand tatsächlich beginnt mitzuschwingen.


      In der Realität muss man das natürlich etwas differenzierter betrachten. Direkt auf der Mittelachse hat man bei keinem der beiden Fälle einen deutlichen Nachteil, solange man den Winkel nicht übertreibt und es aufgrund der Materialdicke zu scheinbar kleineren Löchern bei gleichzeitig scheinbar größerem Lochabstand kommt.
      Abseits der Mittelachse ist die Situation bei der senkrechten Ausrichtung einigermaßen vorhersagbar. Die schräge Ausrichtung kann hingegen auf einem Platz sogar besser klingen als die senkrechte, dafür auf dem Platz daneben grottenschlecht. Je nach Abstand zwischen Leinwand und Lautsprecher ist es auch möglich, dass überhaupt kein Unterschied zur senkrechten Aufstellung festzustellen ist.


      Was man dabei auch nicht vergessen darf, ist, dass es in der Realität immer auch zu einem nicht-senkrechten Verlauf kommt, der aufgrund der Kugelwelle des Lautsprechers noch einmal zeitversetzt auf die Löcher in der Leinwand trifft.


      Es gibt definitiv Situationen, in denen die gewinkelte Aufstellung bestens funktionieren dürfte, eben abhängig vom Leinwandmaterial und dem Abstand zu den Lautsprechern. Das Ergebnis ist dann auch wiederholbar, solange sich an den Komponenten und Positionen nichts ändert. Allerdings kann es passieren, dass die linken und rechten Lautsprecher sich in der Klangfarbe vom mittleren Lautsprecher unterscheiden, da dieser ja immer senkrecht auf die Leinwand zeigt.


      Eine Anwinklung in der vertikalen ist hingegen nahezu komplett zu vernachlässigen, da ja praktisch alle auf der gleichen Höhe sitzen oder zumindest innerhalb eines 25°-Dreiecks und somit nur geringe Abweichungen vom Klang der Mittelachse zu erwarten sind. Das dürfte dann aber eher ein Thema sein, über das sich JBL den Kopf zerbrechen darf ;)
      Die ideale „akustisch transparente” Leinwand wäre gewoben bei nicht vorhandener Stärke und sowohl Lochabstand als auch Lochgröße würden gegen null laufen. Solange jedoch noch keine monomolekularen Leinwände erhältlich sind, dürfte das Utopie sein ;)



      Tjoah, leider keine Quellen, aber ich hoffe, dass es einigermaßen verständlich war, warum ich versuchen werde, eine möglichst geringe Abweichung von der Senkrechten bei der Lautsprecheraufstellung zu erzielen :)


      Gruß
      Serena

      rumpeli schrieb:


      Serena,

      ich interpretiere mal deine Absicht: Der Lautsprecher soll hinter der Leinwand so aufgestellt werden, dass die Leinwand möglichst neutral auf das frequenzabhängige Bündelunngsverhalten ist. Richtig?

      Ob schräge oder senkrechte Aufstellung in diesem Sinn besser sein soll konnte ich eben aber nicht rauslesen. Interessant finde ich die Betrachtunng der Dicke der Leinwand und der Störkanten der Perforation. Sollte sich das nur in einer Dämpfung auswirken kann es durch EQ entzerrt werden.

      Ich hatte bislang am meisten Sorge vor den doppelt zwischen Leinwand und Schallwand reflektierten Schall. Dieser mischt sich verzögert und phasengedreht mit dem Direktschall. Dieses System wirkt als Kammfilter, weil besonders starke Beeinflussung bei ganzzahligen Vielfachen Wellenlängen des Leinwandabstandes. Je größer der Abstand desto weniger Auslöschungen im hörbaren Frequenzbereich. Der Winkel ist mir in diesem Zusammenhang noch nicht untergekommen.

      Ich bewege mich in diesem Wissensbereich sehr unsicher, bitte um kompetente Kommentare oder Ignoranz. Leif und Follgott haben sehr großen wert auf einen winkelkonstanten Amplitudenfrequenzang ihres Lautsprecher gelegt. Den Aspekt der Aufstellung relativ zur Leinwand habe ich bei denen nicht gelesen. Wäre nett wenn die hier mal einspringen.

      Gruß
      rumpeli
      Besuch mich mal im Schrein oder im Bau Thread oder im Keller!

      Exodus 12:9 "Do not eat the meat raw or boiled in water, but roast it over a fire"
    • Hallo,


      da es ja jetzt ein eigenes Thema zu der Frage gibt, möchte ich vielleicht einige Ergänzungen zu meinem zitierten Beitrag einbringen und auch auf die Frage bezüglich der Reflexionen zwischen Leinwand und Lautsprecher eingehen.


      Diffraktion an der Leinwand (Gitter)

      Um mein obiges Bild erneut zu bemühen:



      Wie schon geschrieben, entsteht bei jedem Loch der Leinwand eine Kugelwelle, solange gilt, dass der Lochdurchmesser kleiner ist, als die Wellenlänge des auftreffenden Schalls, was durch eine Wellenlänge von ~1,7cm bei 20kHz auf jeden Fall gegeben ist.
      Da der Lautsprecher nicht unendlich weit von der Leinwand entfernt steht, trifft die Wellenfront nicht als Transversalwelle (wie in obiger Grafik), sondern als Kugelwelle auf die Leinwand (je nach Ausprägung des Lautsprechers natürlich nicht als reine Kugelwelle).
      Aufgrund des Gangunterschiedes aufgrund des Abstandes der neu entstandenen Kugelwellen kommt es immer zu Interferenzen, was sich wiederum aufgrund des geringen Abstandes durch eine stärkere Bündelung äußert. Durch die Tatsache, dass der Schall nun nicht als Transversalwelle auf die Leinwand trifft, wird diese Bündelung noch weiter verstärkt, da der Winkel, unter dem die Interferenzen maximal auftreten, sinkt.

      Trifft die Wellenfront nicht senkrecht auf das Gitter (die Leinwand) kommt es auf der einen Seite der Schallachse des Lautsprechers zu einer Verstärkung der Bündelung, auf der anderen (der Seite mit dem größeren Abstand zwischen LS und LW) zu einer Verringerung, wie man aus obiger Grafik auch schon erahnen kann durch die Verbindungslinien der konstruktiven und destruktiven Interferenzen. Was man auch sieht, ist, dass die mittige konstruktive Interferenz nun nicht mehr auf der Schallachse des Lautsprechers liegt. Die Wellenfront breitet sich zwar weiterhin in einer Form und Richtung ähnlich der vor der Leinwand aus, aber es besteht keine Kongruenz zwischen Amplitudenmaximum und Ausbreitungsrichtung.
      Bei einer Leinwand, die senkrecht zur Schallachse des Lautsprechers steht, tritt dieser Effekt nicht auf, da die Verzögerungen in der Entstehung der Kugelwellen symmetrisch ist.

      Was bedeutet dies nun für den Klang?
      Aufgrund des geringen Abstandes der Löcher im Vergleich zur Wellenlänge, kommt es zu keinen Kammfiltereffekten im hörbaren Bereich, jedoch zu einer Unschärfe („Verwaschung”) des Klangs im hochfrequenten Bereich. Dieser Effekt würde bei angenommenen ~55cm durchstrahlter Leinwandfläche, einem Hörabstand von 3m und einem Winkel von 45° bei ca. 6kHz beginnen und wäre ab 12kHz deutlich bemerkbar.

      Eine 45° Neigung würde einem Sitzabstand von 2,12m bei einem Abstand von 4,24m zwischen dem linken und rechten Lautsprecher entsprechen, der Blickwinkel auf die Leinwand wäre >90°. Das hat also niemand. Die getroffene Leinwand hingegen entspräche z.B. einem Lautsprecher mit einem Abstrahlwinkel von 90° und 30cm Abstand zur Leinwand, was schon eher der Realität entspricht.

      Diese „Verwaschung” tritt aufgrund der Kugelwelle auch bei einer senkrecht zur Schallachse ausgerichteten Leinwand auf, jedoch aufgrund der Symmetrie erneut deutlich abgeschwächt, was bei obigem Beispiel einer deutlichen Ausprägung jenseits von 24kHz entsprechen würde.
      Der Optimalfall wäre hier also eine reine Transversalwelle bei senkrechter aufgestellter Leinwand, was nur durch einen unendlich weit entfernten Lautsprecher möglich wäre.



      Reflexionen zwischen Schallwand und Leinwand



      rumpeli schrieb:

      Ich hatte bislang am meisten Sorge vor den doppelt zwischen Leinwand und Schallwand reflektierten Schall. Dieser mischt sich verzögert und phasengedreht mit dem Direktschall. Dieses System wirkt als Kammfilter, weil besonders starke Beeinflussung bei ganzzahligen Vielfachen Wellenlängen des Leinwandabstandes. Je größer der Abstand desto weniger Auslöschungen im hörbaren Frequenzbereich. Der Winkel ist mir in diesem Zusammenhang noch nicht untergekommen.


      Der Winkel hierbei wäre auch nur in Kombination mit dem Abstand zwischen Lautsprecher und Leinwand und dem Sitzabstand möglich anzugeben.

      Nimmt man z.B. den aus meiner Sicht ungünstigsten Fall: Gerade Leinwand, eingewinkelt aufgestellte Lautsprecher:

      Schwarz wäre hier der Direktschall, farbig der reflektierte, die Farben an sich haben keine weitere Bedeutung.
      Die verlängerte Line entspricht der Schallachse des Lautsprechers. Was vor allem auffällt, ist, dass die Reflexionen neben der Membran des Lautsprechers (Kalotte) in den Hörbereich zurückgeworfen werden bei einer sehr schmalen Schallwand. Der Abstand zwischen Lautsprecher und Leinwand müsste also schon verhältnismäßig groß sein, um das Problem zu eliminieren. Überschreitet man jedoch 85cm, so riskiert man schon ein Ortungsproblem aufgrund des Laufzeitunterschieds zwischen Direktschall und reflektiertem Schall.
      Die doppelten Reflexionen (nicht eingezeichnet) fallen wiederum direkt in Richtung des Hörbereiches in einem steilen Winkel auf die Leinwand, müssen also auch noch berücksichtigt werden.

      Stellt man jetzt den Lautsprecher senkrecht auf eine gerade Leinwand, sieht das etwa folgendermaßen aus:

      Ich seh grad, ich hab einen Fehler gemacht. Es ist nicht der violette Pfeil parallel zur Achse, sondern der blaue.
      Sieht auch noch nicht toll aus, aber die meisten Reflexionen, die in den Sitzbereich geworfen werden, sind nun weiter vom (fiktiven) Punkt der Schallentstehung entfernt, was bedeutet, dass der Lautsprecher entweder näher stehen kann oder die Schwallwand breiter ausfallen kann. Oder natürlich beides.
      Die doppelten Reflexionen (nicht eingezeichnet) treffen zum größten Teil in einem sehr flachen Winkel auf die Leinwand, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie wieder reflekiert werden.


      Den in meinen Augen Optimalfall stellt die senkrechte Ausrichtung auf den Hörplatz sowohl des Lautsprechers als auch der Leinwand dar (wie es beim Center ja immer der Fall ist):

      Im Vergleich zu den beiden anderen Varianten laufen die reflektierten Anteile hier schneller auseinander als der Direktschall, aber so wirklich toll sieht das ja eigentlich immer noch nicht aus.



      Allein diesen Bildern zufolge wäre der Unterschied ja noch nicht wirklich ausschlaggebend, aber jetzt kommt wieder obiges Phänomen dazu: Der reflektierte Schall läuft ja nicht einfach durch die Leinwand, sondern es werden an den Löchern wiederum Kugelwellen erzeugt.


      Im ersten Beispiel (Leinwand gerade, Lautsprecher angewinkelt) kommt es durch die nicht-senkrechte Anordnung zu einer Verkürzung des Weges der reflektierten Schallanteile je größer der Winkel der ursprünglichen Direktschalls ist (im Bereich zwischen der Schallachse und direkt gegenüber des LS). Dadurch kommt es im Bereich der Schallachse des Lautsprechers zu einer verringerten Bündelung und im ungünstigsten Fall zu einer Transversalwelle direkt auf den Sitzbereich. Gleichzeitig bleibt die „Verwaschung” relativ gering, da die Kugelwellen der reflektierten Schallanteile im Vergleich zu den anderen beiden Varianten recht nah beieinander liegen.

      In der zweiten Variante hingegen verstärkt sich die Bündelung in Richtung der Lautsprecherachse nochmals. Zur Bündelung aufgrund der Kugelwelle des Direktschalls kommt noch die Laufzeitverlängerung in jedem Winkel hinzu, was bedeutet, dass die Kugelwellen an den Löchern stärker zeitverzögert entsehen und der Bereich wiederum deutlich größer ist, was zu einer Verstärkung der „Unschärfe” der reflektierten Schallanteile beiträgt, was in diesem Fall ja von Vorteil ist, da somit der sowieso schon schwächere reflektierte Anteil dadurch diffuser wird.

      Die dritte Veriante gleicht im Grunde der zweiten in Bezug auf den reflektierten Schall, jedoch sind nun beide Seiten der von der Schallwand reflektierten Anteile relevant.



      Dadurch (zumindest in der Theorie) relevant für die Aufstellung

      • Bei gerader Leinwand und eingewinkelten Lautsprechern:
        Die Gefahr des verwaschenen Signals ist in der Praxis nicht sonderlich relevant. Allerdings wird der an der Schallwand reflektierte Schall durch die Diffraktion an der Leinwand verstärkt in Richtung der Schallachse gelenkt. Entgegenwirken könnte man dem durch Ausrichtung auf einen Punkt deutlich hinter der Sitzposition, was den Klang in der Mitte deutlich verbessern dürfte. Die Richtung der Bündelung durch die Leinwand wird dabei sogar eher auf den Sitzplatz gelenkt als bei der Ausrichtung direkt auf diesen.
        Im Sitzbereich direkt gegenüber das Lautsprechers bleiben die Probleme jedoch weiter bestehen. Eine eventuelle Dämpfung der Schallwand muss ausreichend dick sein, um alle relevanten Wellenlängen zu erfassen. Die untere Grenzfrequenz müsste man hierbei aufgrund des Gangunterschiedes zwischen Direktschall und reflektiertem Schall berechnen.
      • Gerade Leinwand, senkrechte Lautsprecher:
        Direkt gegenüber des Lautsprechers ist aufgrund der stärkeren Bündelung der reflektierten Anteile der Klang der Theorie nach am schlechtesten. Dafür wird im restlichen Bereich der reflektierte Anteil reduziert und gleichzeitig auch noch stärker diffundiert, aufgrund der im Vergleich zum Direktschall deutlich größeren getroffenen Fläche der Leinwand.
        Die Bündelung der Lautsprecher und der Leinwand kann hierbei jedoch für den Direktschall nicht ausgenutzt werden.
      • Gebogene Leinwand, senkrechte Aufstellung:
        Wiederum schlechtester Klang direkt auf der Schallachse. Jedoch ist bei einer gebogenen Leinwand der Radius deutlich größer als der Sitzabstand, was bedeutet, dass die Lautsprecher sowieso auf einen Punkt hinter dem mittleren Sitzplatz ausgerichtet wären. Die Sitzplätze daneben wären dann schon wieder auf der anderen Seite der Achse.
        Hier kann die Bündelung der Lautsprecher selbst voll ausgenutzt werden.




      Mein Fazit aus diesen Überlegungen:

      Zumindest in der grauen Theorie ist ein deutlicher Vorteil einer gebogenen Leinwand bei gleichzeitig senkrechter Aufstellung der Lautsprecher zur Leinwand zu sehen. Bei einer geraden Leinwand haben sowohl die senkrechte als auch die eingedrehte Variante ihre Vor- und Nachteile. Unter Umständen hilft tatsächlich nur, auszuprobieren, welche Aufstellung besser klingt. Es kommt auch auf das Bündelungsverhalten der Lautsprecher selbst an und eben, wie weit diese von der Leinwand wegstehen. Die gebogene Variante hat die meisten Vorteile, was aber nicht bedeutet, dass es damit auch Probleme geben kann.

      In der Praxis werden alle oben genannten Effekte abgeschwächt durch Imperfektionen im Material, die Materialdicke, alle Reflexionen im Raum, die Luft an sich und nicht zuletzt durch unser Ohr selbst. Extrem schmalbandige Senken fallen nicht auf.




      Und zum Abschluss: Ich habe nicht Physik studiert und ich mache beruflich nichts in der Richtung Akustik. Von den grundsätzlichen Welleneigenschaften und Verhalten an Gittern abgesehen ist alles angelesen und damit selbst beigebracht.
      Es kann also auch sein, dass alles, was ich oben geschrieben habe, ganz großer Quark ist und es wäre somit nicht schlecht, wenn es jemand berichtigen könnte. Noch habe ich meine Leinwand nicht gebaut ;)


      Gruß
      Serena
      Dateien
      Gruß
      Serena

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      Meine Freundeskreis meint, ich sei extrovertiert.
      Meine besten Freunde wissen, dass ich einfach nur komplett geisteskrank bin.
    • Meine 3 vorderen Lautsprecher stehen senkrecht, die Leinwand ist nach vorne gekippt, in der Frontalebene also nicht senkrecht.

      Der Center ist in der Medianebene senkrecht, weil zentriert hinter der Leinwand auf den zentriert vor der Leinwand hängenden Projektor gerichtet. Vorne links und recht sind eingedreht zu Stereodreieck (etwas weniger), wobei keine Rücksicht auf die Krümmung der Leinwand genommen wurde. In der Medianebene sind sie zumindest nicht exakt senkrecht auf die Leinwand gerichtet.

      In der Horizontalebene sind Lautsprecher und Leinwand gleich ausgerichtet, spielt aber bei rotationssymmetrischer Schallquelle, z.B. Gewebekalotte, keine Rolle für Bündelung, Beugung, Streuung.

      Serena beschreibt den Schall als vor allem als Strahl. Ausgehend davon wollte ich etwas zur Theorie von Wellenfronten googlen und bin auf diese Diplomarbeit und diese Dissertation gestoßen. In diesen Dokumenten sind die Grundlagen einigermaßen trivial aufbereitet und mit schönen Bildchen versehen.

      Einige hier vorgestelle Kinos haben professionell eingerichtete Lautsprecher- und Leinwandmontage, bei der gedrehte und gekippte Lautsprecher nicht senkrecht auf flache Leinwände gerichtet sind. Ich vermute daher, dass falls es nachteilige Effekte gibt, diese für das Hörerlebnis vernachlässigbar sind.

      Gruß
      rumpeli
      Besuch mich mal im Schrein oder im Bau Thread oder im Keller!

      Exodus 12:9 "Do not eat the meat raw or boiled in water, but roast it over a fire"
    • Hallo Beisammen,

      es gibt dazu einen ziemlich ausführlichen Artikel in der Stereoplay 5/2011 in dem vier verschiedene, akustisch transparente Leinwände getestet werden. Ich kann den Artikel aufgrund von Urheberrechtsschutz hier nicht Posten. Tenor ist aber, dass ein 30° Winkel und mindestens 10 cm Abstand zur Leinwand, die besten Resultate bringen.
      Das bezieht sich auf akustisch transparente Leinwände, die getestet wurden: Image Screens "Vevo Acoustics", OS Screen "Sound Mat", Screen Research "Clear Pix2", Stewart Filmscreen "MicroPerf X".

      Ich habe das ja mit ca. 30 cm Abstand der LS zur Leinwand, ohne Winkel - also 0° zur Leinwand - und mit Audyssey Pro gelöst, da ich ja eine nicht akustisch transparente Rolloleinwand verwende. Messergebnisse vorher/nachher im Audyssey Pro Thread. Das mit dem Winkel ist ja auch nur für mikroperforierte Leinwände interessant und sagt ja auch nur Stereoplay.

      Serena, das ist ja beeindruckend, was du dazu schreibst. :thumbs: :thumbs: :thumbs:

      Viele Grüße

      m
    • Hi Ravenous,

      da gebe ich dir Recht, weshalb ich mich persönlich damit nicht aufgehalten habe und bei 0° geblieben bin. Genau diese Fragen aber, in welcher Richtung stelle ich welche LS im Winkel auf, hätten mir auch Kopfzerbrechen bereitet.
      Ich denke, Stereoplay hat auch nur einen LS genommen und den getestet, da der Artikel über solche essentiellen Fragen, keine Aussage macht.

      Viele Grüße

      m
    • Hallo,

      der Artikel von Stereoplay ist frei zum Herunterladen auf deren Seite verfügbar:

      stereoplay.de ... akustisch-transparente-leinwände

      weiter unten auf der Seite ist dann der Verweis auf das PDF mit dem vollständigen Artikel (Direktlink aufs PDF)


      Was ich bei dem Artikel ein wenig vermisse, sind Messergebnisse zu größeren Abständen als 1cm und 10cm. Im Text wird zwar erwähnt, dass 25cm oder mehr empfohlen werden, was dann aber nicht gemessen wurde. Im Text wundert mich ein wenig die Aussage „Zuletzt stellten die Tester die Lautsprecher mit zehn Zentimerer mittleren Abstands und einem von Winkel von 30° hinter die Bildwände. Nun lag klar das Folientuch von Stewart vorne (...)” [S.50 stereoplay 5/11]. Dies deckt sich nicht wirklich mit den Diagrammen, wobei aber alle vier getesteten Tücher da ein recht akzeptables Ergebnis lieferten.

      Nicht eingegangen wurde in dem Test auf eventuelle Unterschiede der Tücher in Bezug auf möglicherweise vorhandenes frequenzabhängiges Bündelungsverhalten in Abhängigkeit von Lochabstand und Lochgröße der perforierten Leinwände, sondern eigentlich nur auf Reflexionen zwischen Lautsprecher und Leinwand, was sich aber zumindest bei fest installierten Leinwänden durch Dämmen der Lautsprechervorderseite recht einfach lösen lässt.

      Interessant wäre auch noch der verwendete Lautsprecher gewesen.
      Gruß
      Serena

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    • Hi Serena,

      vielen Dank, dass du da nochmal nachgesehen hast. Ich hatte gestern den PDF Link übersehen, sonst hätte ich das auch schon gepostet.

      Ja, ich finde auch, dass bei dem Artikel und dem Messaufbau einiges fehlt. Insofern habe ich das zwar mit Interesse gelesen aber nicht so wirklich ernst genommen. Schön hätte ich auch einen Vergleich mit einer schallundurchlässigen Leinwand gefunden.

      Aber. man kann ja nicht alles haben... :verlegen:

      Viele Grüße

      m
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