Geschichten, Erfahrungen und Antworten aus dem Ausland...

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    • Geschichten, Erfahrungen und Antworten aus dem Ausland...

      Moin,

      Da wir inzwischen ja schon ein paar Mal drauf gekommen sind, dachte ich, dass wir einfach mal abbiegen und einen neuen Thread aufmachen. Zielsetzung ist einfach Erfahrungen weiterzugeben, individuelle Perspektiven und Eindrücke weiterzutragen und zu diskutieren sowie Fragen über das Leben im Ausland zu beantworten (wie ist das eigentlich? Ich habe da gehört...) und ein wenig Austausch zu haben.

      Mir wäre es wichtig, dass dieses reflektiert und umsichtig passiert. Ein "hier oder dort ist alles besser" ist nicht sonderlich hilfreich Ich würde auch sagen, dass es hier nicht um Urlaubs- oder Kurzaufenthaltserfahrungen gehen sollte, sondern um die Zeit, wenn der Kulturschock einigermaßen überwunden ist und wirkliche Reflektion stattfindet (die Literatur gibt so zwischen 1-2 Jahre Aufenthalt dafür an).

      So, genug Einleitung geschrieben, dann werde ich mich mal an dem nächsten Post mit Inhalt versuchen...

      Gruß
      Wawa
    • Moin,

      Dann lege ich mal los...

      Gentleman schrieb:

      Danke @wawa für die kurze Aufklärung. So richtig ist es einem nie genau klar, zumindest mir, wie das bei euch funktioniert. Einzig habe ich mitbekommen, dass sich viele Aufgeregt haben, als Obama die Gesundheitsreform durch gedrückt hatte. Die Leute fühlten sich bevormundet und wollten selber entscheiden, wann sie was bezahlen, sich versichern oder auch nicht. Natürlich gabs das nur über unsere Medien.

      @GentlemanEs ist ein reines Privatversicherungssystem, das entsprechend teuer ist (profitorientiert). Jeder hat für sich die Wahl wie er/sie sich versichern möchte. Arbeitgeber werden über eine Abgabepauschale staatlich aufgefordert Versicherungen für ihre Angestellten zur Verfügung zu stellen. Die großen Arbeitgeber stellen diese Benefits zur Verfügung, da es auch einen Wettbewerbsvorteil um qualifizierte Arbeitskräfte darstellt und kleinere zahlen durchaus mal die Abgabepauschale an den Staat, da dieses wirtschaftlicher für sie ist. Die Benefits machen für den Arbeitnehmer meist einen großen Unterschied, da ansonsten eine Versicherung bei normalem Einkommen kaum bezahlbar ist. Hier setze dann der Affordable Care Act an, der die Versicherungen zwang KV anzubieten, die eine bezahlbare Mindestabsicherung bietet. Dieses kommt bei einigen sehr gut an und bei anderen weniger gut und dieses liegt in den gesellschaftlichen Werten begründet.

      SkyRocket hatte es zuvor schon ganz gut beschrieben, dass das Risikodenken hier in der Kultur ganz anders verankert ist. Hinzu kommt, dass sich in meiner Wahrnehmung der durchschnittliche Amerikaner ungerne etwas vorschreiben lässt. Generell ist mein Eindruck, dass weniger Regeln und Regulierungen als gut befunden werden und es bevorzugt wird Lücken eher im realen Leben oder durch die Rechtssprechung zu schließen. Wie ich das so beobachte findet weniger eine Auseinandersetzung mit Problematiken die enstehen könnten statt, die Mentalität ist eben mehr "Ich/wir schaffen das" und Probleme werden angegangen und adressiert, wenn sie wirklich auftauchen. Das macht die Thematik dann unheimlich komplex, da es in diesen Fällen eben nicht mehr danach geht und das Risiko falsch eingeschätzt wird, zu abstrakt ist und die Versicherung im eigenen Geldbeutel sofort spürbar ist. Gerade bei geringem Einkommen liegt es da eben nahe die KV zu sparen.

      SkyRocket schrieb:

      @wawa ... es scheint aber doch etwas in den USA zu geben, dass dich über einige signifikante Unterschiede hinwegsehen lässt und dir dort gefällt. Sonst würdest Du doch dort nicht wohnen (gehe davon aus, dass Du kein Amerikaner bist).
      Würde mich interessieren (... vielleicht aber eher im "Es freut mich-Faden").

      Gruß

      PS: Wie kommst Du zu Deinem Nutzernamen, hat der was mit den WAWA Tankstellen zu tun.
      @SkyRocket Es gibt viele Vor- und Nachteile, die sich recht stark ausbalancieren. Persönlich sind für mich beide Länder schöne Alternativen zueinander. Was mir hier ab und zu fehlt (abgesehen von Familie und Freunden in D) ist eben der Gedanke einer Solidargemeinschaft - wobei dieses in D ja auch immer weniger wird. Im Unterschied zu D herrscht hier aber eine regelrechte Angst davor...
      Dafür ist hier eben vieles deutlich lockerer, Innovation und Risiko werden ganz anders bewertet und es kann einfach mal ausprobiert und gemacht werden...

      Beruflich war ich in D und Europa - zumindest in meiner Firma - am Ende der Fahnenstange der Möglichkeiten für mich und es blieb eben die Wahl mich auf dem Markt umzuschauen oder den Schritt über den großen Teich zu gehen... Für mich war es keine große Frage was ich machen würde, das war einfach klar. Persönlich kann ich ganz viel im Bereich der Kommunikation, Positionierung und "Politik" lernen, da ich sehr norddeutsch und direkt veranlagt bin und ebenso sozialisiert wurde. Das klappt insbesondere im Beruflichen nicht immer und ich habe hier tägliche Ahaerlebnisse. ;) Und es gibt viele Kleinigkeiten, die den Alltag sehr angenehm machen: Jederzeit einkaufen gehen können, sogar an Feiertagen, Rasenmähen geht jederzeit und solcher Kleinkram.

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich derzeit meine größten persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten hier sehe und es noch keinen Grund gibt nach D zurückzukehren. Es gibt allerdings ein Ding vor dem es mir wirklich ein wenig graut: Das Studium der beiden Kleinen. Da muss ich einfach mal sehen wie sich alles entwickelt, noch ist genug Zeit...

      Mein Nick hat nichts mit der WAWA Kette zu tun. Bei meiner Registrierung in 2001 wusste ich noch nicht mal, dass es diese gibt... Der Nick geht auf ein Kuscheltier zurück - einen Waschbären. ;)

      Chris Austria schrieb:

      im Gegensatz zur USA habe ich hier auch 6 Wochen bezahlten Urlaub im Jahr + alle 2 Jahre auf Firmenkosten ne 2 Wochen Wohlfühl Kur mit allem drum und dran

      @Chris Austria Ein sehr guter Punkt. 10 Tage sind hier Standard... Über Betriebszugehörigkeit lässt sich bei größeren Arbeitgebern dieses Kontingent allerdings ausbauen. Ich stehe derzeit bei 24 Tagen. Das ist zwar deutlich weniger als die 30 in D, geht aber auch und wenn ich wollte könnte ich auch mehr unbezahlten Urlaub nehmen. Das ist bei uns nicht ganz so schlimm wie es häufig gemacht wird, man muss nur wissen wann man diesen Urlaub nehmen kann. 3 Wochen im Frühjahr oder Herbst wäre nicht so schlau, aber über die Weihnachtsfeiertage fällt es nicht weiter auf. Mit Fingerspitzengefühl geht da auch was im Sommer. Ein Kollege von mir schafft es z.B. auch jeden Sommer seinen gesamten Urlaub am Stück zu nehmen, um mit der Familie nach Hause zu fliegen (Indien) - hat sich auch noch nie jemand drüber beschwert...
    • Moin

      das (Gesundheits)System der USA beruht auf dem Darwinschen 'Survival of the fittest'..
      Dieser Sozialdarwinismus zieht sich durch das gesamte System- wie man persönlich dazu steht, bleibt jedem überlassen.

      Tatsache ist, das es Reiche deutlich bequemer, einfacher und auch 'billiger' in den USA haben- und das ein sehr ! grosser Teil der Bevölkerung keine manierliche KV hat, da er sich keine leisten kann.
      Da dieses Bevölkerungsdrittel aber sowohl sozial als auch bei Wahlen und ENtscgheidungen kaum als Gruppe und somit mit Gewicht auftritt oder wahrgenommen wird, ist die US-Gesetzgebung und Administration klar darauf ausgelegt, das Leistungsprinzip über alles zu stellen.

      Der Begriff Sozial ist immer mit Kommunismus konnotiert , und auch die starke religiöse Durchdringung zB des 'Landprekariats' im Bible belt und ähnlich ländlichen Regionen schafft auch den nötigen Boden der Duldsamkeit, die soagr soweit geht, das die potentiellen Nutzniesser selbst eine staatlich finanzierte KV ablehnen.

      Wie ehedem im europäischen Feudalismus weiss heute in den USA noch der Habenichts genau, wo sein Platz ist..
      Btw eine schöne gesellschaftliche Parallele zur PRC.

      Die Figur des Stephen (Samuel L.Jackson) in Django ist ein gut beobachtetes Portrait des Selbstverständnisses der amerikanischen 'underdogs'- Hautfarbe völlig aussen vor..
      Denn auch der dümmste redneck, der sich selbst auf die Schuhe pisst und abends die Alte vermöbelt, zieht mit Freuden für die amerikanische Kultur und den Geist der Freiheit und Gleichberechtigung los, um Barbaren umzubringen..
      Gruss,

      het raetsken

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von kinodehemm ()

    • Danke @Waschbär für den kurzen Einblick. :thumbs: Finanziell und beruflich bin ich in D gefesselt. Aber so richtig ziehts mich auch nicht nach ausserhalb. :kratz: Urlaub im Ausland habe ich natürlich schon gemacht, wobei Thailand mein bester war, die Türkei abartig schlim und wir in Frankreich rassistisch niedergemacht wurden, wie nirgendwo. Das sind aber nur Urlaubserfahrungen und schön wenn man langjährige Erfahrungen mit bekommt.

      Kinodehemm ist ja überall auf der Wet zu Hause. :biggrin: Und Kottan hat beruflich schon jeden Schandfleck der Erde kennenlernen dürfen. :bier: Hätt ich in der Schule mal besser aufgepasst.
      beste Grüße
      Thomas
    • Moin,
      ich war früher viel beruflich unterwegs und bin froh dass sich das nun beruhigt hat.
      Dabei waren auch 1 Jahr in Zürich und 1,5 Jahre in Stockholm - allerdings immer in Hotels, insofern zählen die natürlich nicht wirklich als "Leben im Ausland". ;)
      Ich konnte dabei in abendlichen Gesprächen mit Kollegen so einige Einblicke in andere Länder und Kulturen gewinnen und ich muss sagen dass ich es in D nicht soo schlecht finde.
      Es gibt viele Länder wo ich gerne Urlaub mache, aber keines wo ich lieber leben würde als in D.
      Jedes Land hat so seine Vor- und Nachteile.

      Der einzige Grund für eine Auswanderung wären familiäre Gründe - also die große Liebe oder so. Das Thema ist aber abgearbeitet. ;)
    • Moin

      @torsten
      meine US-Aufenthalte waren selten länger als 4-5Wochen am Stück, das gerne aber auch mehrmals jährlich, für rund 20j..
      Da ich mich längere Zeit mit dem Gedanken trug, evtl in die Zentrale zu wechseln, hab ich meine Erfahrungen und Eindrücke durchaus gründlich beleuchtet und reflektiert.

      Letztlich war aber meine Entscheidung, diesen Weg nicht zu gehen, unahängig davon, wie ich die USA als Land zu darin leben beurteil(t)e, die finalen Fakten kamen aus einer anderen Ecke.

      - zur Beschreibung der sozialen Situation in den USA muss man nicht - im Gegensatz zB zu der in Nord-Korea 8) - in dem Land leben - ein gründliches Hinsehen und Hinhören sowie die allgegenwärtigen Statistiken machen das Thema beurteilbar.
      Gruss,

      het raetsken
    • Hab vor ein paar Wochen lange mit einem alten Mitbewohner zusammengesessen, der nach 17 Jahren in den USA wieder nach D "ausgewandert" ist, um seinen beiden Kindern eine ordentliche Schulbildung zu ermöglichen.
      Seine Eindrücke passen ganz gut zu dem, was WaWa schreibt.
      Allerdings vermisst er hier die Serviceorientiertheit des Einzelhandels und der Gastronomie, die er aus den USA kennt.
      Ich freue mich jedenfalls schon auf die nächsten "Sitzungen" mit ihm (trotz des gigantischen Katers, der am nächsten Morgen droht).

      Für mich ist das ehemalige Traumziel für eine Auswanderung jedenfalls schon länger perdu. Ich bin vom Scheitern des ehemaligen identitätstiftenden Schmelztiegels, den teils menschenfeindlichen Sozialsystemen und der Bigotterie der Evangelikalen desillusioniert.
      Trotz aller Kritik an "unserem" System - ich lebe gerne in einem Sozialstaat, der auch auf die Schwachen achtet.
    • kottan schrieb:

      Da hat es hier schon mal einen Austausch darüber gegeben.
      In dem Thread von 2013 habe ich gerade mal reingeschaut. Da habe ich mich zu meiner Überraschung - Alzheimer lässt grüßen - auch recht ausführlich geäußert. Allerdings ging es damals mehr um Urlaub und sonstige mehr oder weniger meist eher kürzere Aufenthalte, während es hier mehr um längerfristige Erfahrungen geht.

      In den USA war ich mal gut 3 Monate nach meinem Studium. Dabei bin ich nicht nur mit einem Greyhound-Ticket einmal rum und kreuz und quer gefahren und habe zahllose Leute kennen gelernt sondert habe auch einige Wochen für YMCA gejobt. Mein Eindruck war einerseits jugendliche Begeisterung über die relative Offenheit vieler Amerikaner und natürlich die vielen Sehenswürdigkeiten.

      Andererseits hat mich häufiger die Mischung aus Oberflächlichkeit, Bigotterie, Prüderie gestört. Das Ganze fand noch in den 70ern statt, als das Leben in etlichen Punkten noch heiler war als heute.

      In den 80ern habe ich über 7 Jahre in Nigeria gewohnt. Nach so einer Erfahrung lernt man die Segnungen Deutschland wirklich zu schätzen. Gleichzeitig hat man aber wegen seiner Erfahrungen zu etlichen Strömungen des political correctness hier seine eigene Meinung, um das mal zurückhaltend auszudrücken.
    • Das war in Warri im Nigerdelta. Dort wurde seinerzeit von einem deutsch-öst. Firmenkonsortium ein Stahlwerk gebaut. Zwar gab es zwischendurch auch mal unruhige Momente und auch einen Militärputsch, in dem zeitweise die Grenzen geschlossen waren, aber unter dem Strich war es eine recht interessante Zeit. Das war lange vor Boko Haram. Der Norden, in dem ich bei einer Rundreise auch mal war, war seinerzeit relativ friedlich.

      Gut gepflegt wurde das Kulturgut. Da es praktisch keine Touristen gibt, konnte man sicher sein, dass es nicht aus dem Grund gemacht wurde. Ein Beispiel kann ich sogar zeigen. Die relativ schlechte Bildqualität bitte ich zu entschuldigen. Es waren halt die VHS-Zeiten.

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