Kleines Gamma-FAQ

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    • Kleines Gamma-FAQ

      Weil es oft Unklarheiten zu dem Thema gibt, habe ich mal das für Heimkino nötige Wissen zusammengetragen. :)



      1. Was ist Gammakorrektur?

      Bei der reinen Gammakorrektur werden Schwarz- und Weißwert nicht verändert. Es wird nur der Bereich dazwischen über eine Potenzfunktion auf neue Ausgabewerte abgebildet:

      formel1.gif

      Wobei der Exponent (griech. Gamma) als Gammafaktor bezeichnet wird.

      Wendet man multiple Gammakorrekturen auf einen Eingabewert an, so multiplizieren sich die einzelnen Gammafaktoren zu einem Gesamtgammafaktor und der Ausgabewert kann wie folgt formuliert werden.

      formel2.gif

      Spezialfall: auf der Wiedergabeseite ist der Kehrwert des aufnahmeseitigen Gammafaktors notwendig, um wieder auf einen linearen Werteverlauf zu kommen. Der Gesamtgammafaktor ist 1.

      formel3.gif

      Der Eingabewert des Wiedergabegerätes ist dabei der Ausgabewert des Aufnahmegerätes.


      2. Warum überhaupt Gammakorrektur?

      Der Nichtlinearität des menschlichen Auges kann ein Gammafaktor von ungefähr 0,4 zugeordnet werden. Das bedeutet, dass wir Helligkeitssprünge in den unteren Bereichen stärker wahrnehmen als in den oberen.
      Zufälligerweise ist 0,4 genau der Kehrwert des natürlichen Gammafaktors eines Röhrengerätes, nämlich 2,5 (entsteht durch die Nichtlinearität des Elektronenstrahls). Hier liegt historisch der Grund für die Gammakorrektur. In den Anfängen der Videotechnik existierten nur Röhrengeräte, deshalb musste deren nichtlineares Verhalten aufnahmeseitig kompensiert werden.

      Da ist es natürlich naheliegend, dass aufnahmeseitig, also z.B. in der Kamera, ein Gammafaktor von 0,4 verwendet wird. Das ist aber nicht so! Der Grund ist folgender:
      Bei der Festlegung des aufnahmeseitigen Gammafaktors wurde angenommen, dass das Anzeigegerät in einer abgedunkelten Umgebung betrachtet wird. In diesem Fall verliert das Bild durch den Effekt des Simultankontrasts an subjektivem Kontrast und Bildtiefe. Daher wurde aufnahmeseitig ein Gammafaktor von 0,45 festgelegt, was mit dem wiedergabeseitigen Gammafaktor von 2,5 zu einem Gesamtgammafaktor von 1,125 (statt 1) führt. Es ist also schon eine Korrektur für das menschliche Sehempfinden in das Quellmaterial eingebaut.


      3. Welcher Gammafaktor ist nun der richtige?

      Das führt natürlich zu der Frage, auf welchen Gammafaktor man denn nun das Anzeigegerät kalibrieren sollte. Die Antwort ist nicht eindeutig, da es durch den Effekt des Simultankontrasts erheblich auf die Beleuchtung der Umgebung ankommt. Der Gammafaktor sollte auf jeden Fall zwischen 2,22 und 2,5 liegen.

      In einem dunklen Raum wirkt der Effekt des Simultankontrasts und 2,5 ist der zu bevorzugende Gammafaktor. Auf der anderen Seite kann in einem hellen Raum 2,2 besser aussehen, also ein Gesamtgammafaktor von 1.

      Das ist auch einer der Gründe, warum Fernkalibrierung nicht funktioniert.


      4. Ist der Gammafaktor nicht bei PAL anders als bei NTSC?

      Für PAL ist einen Gammafaktor von 2,8 und für NTSC 2,2 spezifiziert. In der Praxis wird aber mit einem Gammafaktor von 0,45 produziert. Auf der Wiedergabeseite wird also immer von 2,22 bis 2,5 ausgegangen (selbst für PC-Anwendungen).


      5. Wie ist das bei der digitalen Speicherung?

      Der Digitalisierung von Bildern kam die vorhandene Gammakorrektur sehr gelegen, da hier einfach der nichtlineare Helligkeitsverlauf auf einen festen Wertebereich (z.B. 0-255) abgebildet werden kann. Es werden den, für unser Auge empfindlichen, unteren Helligkeitsbereichen somit mehr Werte zugewiesen und damit eine optimale Auflösung erzielt.
      Das Wiedergabegerät sorgt dann weiterhin dafür, dass ein Gesamtgammafaktor von 1 bis 1,1 entsteht.

      DLP-Projektoren und Plasmas haben dagegen das Problem, dass sie voll digital ausgeben (es gibt pro Pixel nur An oder Aus) und damit nur einen, durch temporales Dithering erzeugten, begrenzten linearen Wertebereich besitzen. Notwendig wäre aber eine nichtlineare Ausgabe mit einem Gammafaktor zwischen 2,22 und 2,5. Die Gammakorrektur zu einer nichtlinearen Kurve findet im Gerät statt.
      Der DLP/Plasma hat aber in den unteren Helligkeitsbereichen genauso viele Abstufungen wie in den oberen und damit (bei den heutigen Geräten) in den unteren zu wenig für eine 2,5er Gammakurve. Dadurch entsteht Banding in dunklen Bereichen.


      6. Gammafaktor messen

      In diversen Messprogrammen wie Colorfacts oder Colorimètre HCFR werden nach einer Messung des Helligkeitsverlaufes eine Gammakurve angezeigt und ein Gammafaktor angegeben. Dieser Gammafaktor entsteht durch Anpassen der gemessenen Kurve an eine reine Potenzfunktion (siehe 1.). In Wirklichkeit weicht diese Kurve jedoch mehr oder weniger stark von einer reinen Potenzfunktion ab, weshalb der errechnete Gammafaktor je nach Anpassungsmethode unterschiedlich genau ist.
      Deshalb sollte man immer die Gammakurve im Detail betrachen, anstatt blind dem errechneten Gammafaktor zu vertrauen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 12 mal editiert, zuletzt von FoLLgoTT ()

    • Hallo,

      Interessante Abhandlung. Allerdings auch [noch] ziemlich theoretisch.

      Hilfreiche waere auch, mal die Wirkungsweise von Gammakurven-Korrekturen im Zusammenhang mit Kontrast- und Helligkeits- und Farbsaettigungseinstellungen zu eroertern, und daraus vielleicht ein paar Hilfen und Anleitungen zu abzulaeiten, wie man dabei am besten vorgeht, ohne naechtelang Einstellorgien zu veranstalten. ;)

      So richtig kompliziert wird es ja erst, wenn man Gammakurven pro Farbkomponente (R,G,B) veraendert. HTPCs geben einem ja viele Freiheitsgrade. Dazu kommt noch, dass die Umgebungsbedingungen (Raumbeschaffenheit) im Zusammenspiel mit Zuspieler und Display/Projektor die Beruecksichtigung noch weiterer Faktoren erforderlich macht. Aus meiner Sicht gibt es keine Universal-Einstellung. Das ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich.

      Ich selbst habe bei Fotos durch Gammakurven-Korrekturen schon so manch eigentlich unbrauchbares Foto wieder zu neuem Leben erweckt. Die kuerzlichen Versuche am HTPC Gammakurven zu veraendern habe ich allerdings aus Zeitmangel und dem Erkennen der Problemkomplexitaet erst mal ad acta gelegt. Vielleicht im Herbst wieder. :)

      Waere so was nicht mal ein Thema fuer das naechste Beamertreffen, indem man die Wirkungsweise von unterschiedlichen Gammakurven-Korrekturen in einem kleinen Versuchsaufbau veranschaulicht. Klar, das ist ein Haufen Arbeit, wuerde aber fuer so manchen von uns viel Licht ins Dunkel bringen, und das nicht nur im uebertragenen Sinn.

      Gruesse,

      Juergen
      Theorie ist, wenn einer alles weiss, aber nichts funktioniert. Praxis ist, wenn alles funktioniert, und keiner weiss warum.
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